Festvortrag von Werner Keym, Altbürgermeister und Vorsitzender des Volksbildungswerkes – Schlosskirche zu Meisenheim, 22. März 2015
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Meisenheimerinnen und Meisenheimer!
Zukunft braucht Herkunft. Meisenheim im Jahr 2015 lässt sich nicht verstehen ohne die Jahre 1315 (Verleihung der Stadtrechte) und 1815 (endgültige Trennung von der Pfalz). Über die Herkunft, aber auch über die Zukunft möchte ich heute zu Ihnen sprechen.
Im ersten Teil geht es um die Geschichte, im zweiten Teil um einen kritischen Vergleich zwischen damals und heute, im dritten Teil um die Zukunft der Region Meisenheim.
Wenn man auf die vier letzten Jubiläen zur Verleihung der Stadtrechte zurückblickt, stößt man auf markante geschichtliche Situationen Deutschlands: Vor 100 Jahren war Krieg; vor 75 Jahren war Krieg; vor 50 Jahren war Friede, aber Deutschland geteilt durch Mauer und Stacheldraht; vor 25 Jahren war Friede und Deutschland auf dem Wege zur Vereinigung nach seiner einzigen erfolgreichen und obendrein friedlichen Revolution.
Welche unerfüllten Wünsche hegen wir heute im Jahr 2015?
Für meine geschichtlichen Ausführungen habe ich die Festvorträge von Dr. Kläre Schlarb von 1990 und von Karl Buß von 1965 sowie seine „Geschichte der Stadt Meisenheim“ von 1985 herangezogen und in Teilen übernommen. Sehr hilfreich war für mich die vor zwei Tagen erschienene Stadtchronik von Udo Salomon: „Meisenheim. Eine kleine Stadt und ihre Bewohner in den Spannungsfeldern der europäischen Geschichte.“ Dieses hervorragende Buch wird lange Zeit das maßgebliche Werk für die Geschichte Meisenheims sein, so wie es das ausgezeichnete, leider vergriffene Buch „Meisenheim. Architektur und Stadtentwicklung“ von Meinhold Lurz für seine Architektur ist. „Der Lurz“ und „der Salomon“ suchen ihresgleichen. Mit Recht ist die Stadt Meisenheim stolz auf diese einzigartigen Werke.
1. Teil – Zur Geschichte von Meisenheim
Verleihung der Stadtrechte am 22. März 1315
Am 22. März 1315, also vor 700 Jahren, wurden bestimmte Rechte und Freiheiten, vereinfacht Stadtrechte genannt, dem Grafen Georg von Veldenz für den Ort Meisenheim verliehen. Dieser war schon in keltischer und römischer Zeit besiedelt. Man nimmt an, dass es ein Franke namens Meiso war, der ihm seinen Namen gab. Urkundlich erwähnt wird Meisenheim erstmals im Jahr 1154.
Wie kam es zur Verleihung der Stadtrechte?
Nach dem Tode des Kaisers Heinrich VII. im Jahr 1313 stritten Ludwig von Oberbayern und Friedrich von Österreich lange um die Nachfolge. Jeder bemühte sich, viele Unterstützer zu gewinnen. So belohnte der letztlich siegreiche Ludwig seinen Gefolgsmann, den Grafen Georg von Veldenz, dadurch, dass er der Residenz der Grafschaft Veldenz, nämlich Meisenheim, am 22. März 1315 die Stadtrechte verlieh.
Diese Rechte hatten positive Folgen:
- Meisenheim erhielt eine Selbstverwaltung: Ein vom Grafen auf Lebenszeit ernannter Schultheiß verwaltete die Stadt. Ihm zur Seite standen sechs Bürger der Stadt. Hinzu kamen ein Gerichtsbürgermeister, ein Gemeindebürgermeister und ein Landmesser. Diese Selbstverwaltung blieb in Kraft durch das ganze Mittelalter und die Neuzeit bis 1797, als das linke Rheinufer französisch wurde.
- Meisenheim durfte zum Schutz eine starke Ringmauer mit Wehrtürmen und befestigte Stadttore (Obertor, Untertor, Klenkertor) bauen.
- Meisenheim durfte Kram- und Viehmärkte abhalten, erzielte dadurch beachtliche Einnahmen und wurde zum wirtschaftlichen Mittelpunkt des Glantals.
Sechs Jahre nach der Verleihung der Stadtrechte trat ein weiteres für Meisenheim positives Ereignis ein, die Gründung der Johanniter-Komturei. Die Johanniter verlegten 1321 eine ihrer Niederlassungen nach Meisenheim und bauten unterhalb der Kirche ihre Komturei, das „Gelbe Haus“. Sie stellten die Pfarrer und kümmerten sich um Kranke und in Not Geratene. Infolge ihres selbstlosen Einsatzes erhielten sie Schenkungen an Land und Einkünften. Im Jahr 1532 traten sie zum evangelischen Glauben über. Ihr Besitz bildete die Grundlage für den seit 1567 existierenden Kirchenschaffneifonds. Dieser besteht heute aus Grundbesitz sowie Wohngebäuden und unterstützt mit seinen Einnahmen kirchliche Aufgaben in Meisenheim, Hundsbach und Jeckenbach.
Mit der Geschichte der Stadt Meisenheim eng verbunden ist die Geschichte des Oberamtes Meisenheim. Dieser Verwaltungsbezirk umfasste zunächst die Orte Raumbach, Breitenheim, Odenbach, Medard, Adenbach, Ginsweiler, Cronenberg, Roth, Becherbach, Gangloff, Reiffelbach, Callbach, Schmittweiler, Unkenbach und Obermoschel. Bis 1445 kamen hinzu die Orte Desloch, Jeckenbach, Rehborn, Lettweiler, Odernheim, Duchroth, Oberhausen, Niederhausen, Hallgarten, Hochstätten, Niedermoschel, Sitters, Waldgrehweiler, Ransweiler, Biesterschied, Schönborn und Heiligenmoschel, später noch die Ämter Lauterecken und Hohenöllen.
Dieses recht große Oberamt hatte genau eine Stadt von Bedeutung, das war Meisenheim. Hier kaufte man ein, hier bot man seine Waren feil. Insofern wirkte sich die Verleihung der Stadtrechte sehr positiv auf die Entwicklung der Stadt Meisenheim aus. Ihre wirtschaftliche Blüte schuf die Voraussetzungen für die Verstärkung der Stadtbefestigung, für die Errichtung des Rathauses sowie der Markthalle und für die Einrichtung eines Hospitals.
Die weitere Geschichte der Stadt sowie des Oberamtes Meisenheim und des Herzogtums Pfalz-Zweibrücken bis zur Epoche Napoleons wurde dadurch wesentlich bestimmt, dass das Gebiet von 1444 bis 1793 von Fürsten aus dem Hause Wittelsbach regiert wurde. Zuerst war Meisenheim die Residenzstadt, später Zweibrücken.
Ich freue mich, dass das Oberhaupt des Hauses Wittelsbach, Seine Königliche Hoheit Herzog Franz von Bayern, heute unser Gast ist. Historische Einzelheiten aus der Zeit der Wittelsbacher möchte ich hier aussparen. Darüber informiert Sie Wikipedia oder besser „der Salomon“.
Ich nenne lediglich vier Persönlichkeiten:
- Der bedeutendste Landesherr war Herzog Wolfgang: Er gründete 1558 die Lateinschule, die bis 1945 bestand und seit 1948 als Paul-Schneider-Gymnasium weiter geführt wird; er schuf die Kirchenschaffnei und vergrößerte ihren Fonds; er förderte den Bergbau in Obermoschel und am Stahlberg.
- Herzog Johann I. hob 1579 für seinen Herrschaftsbereich die Leibeigenschaft auf und bestätigte die Freizügigkeit, „für die damalige Zeit ein Ereignis von ungeheurer Bedeutung“, so Karl Buß. Dazu ein Gegenbeispiel aus der jüngeren Geschichte Deutschlands: Wer die DDR verlassen wollte, wurde drangsaliert oder inhaftiert oder erschossen.
- Dank der Fürsprache von Herzogin Luise wurde Meisenheim im Dreißigjährigen Krieg (1635) nicht zerstört.
- Dank dem Einsatz von Herzogin Charlotte Friederike wurde Meisenheim auch im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1689) nicht niedergebrannt.
So ist Meisenheim die einzige Stadt zwischen Rhein, Mosel und Saar, die weder von Spaniern oder Franzosen im 17. Jahrhundert zerstört noch von Engländern oder Amerikanern im Zweiten Weltkrieg in Schutt und Asche gelegt wurde. Das einzigartig gut erhaltene spätmittelalterliche Stadtbild mit seinen historischen Sehenswürdigkeiten und idyllischen Gässchen begeistert viele Besucher. Wie sagte kürzlich ein Tourist: „Meisenheim: Klein, aber fein!“ Darüber freuen wir uns natürlich.
Überhaupt nicht freuen können wir uns aber über ein geschichtliches Ereignis, dessen negative Folgen bis heute andauern, nämlich die Grenzziehung durch den Frieden von Campoformio 1797 und den Wiener Kongress 1815. Im Jahr 1797, nach Napoleons Siegen, wurde festgelegt, dass die linksrheinischen Gebiete zu Frankreich gehörten. Damit waren die Meisenheimer französische Staatsbürger. Noch schlimmer war die Verwaltungsreform, welche Flüsse und Gebirge als Grenzen der neuen Verwaltungseinheiten festlegte. So entstanden im ehemaligen Herzogtum Pfalz-Zweibrücken und seinen Nachbargebieten drei Départements: Rhein-Mosel, Saar und Donnersberg. Die Nahe bildete die Südgrenze des Départements Rhein-Mosel, der Glan wurde zur Grenze zwischen den Départements Donnersberg und Saar (darin gelegen der Kanton Meisenheim).
1813 erschien die berühmte Flugschrift von Ernst Moritz Arndt: „Der Rhein – Deutschlands Strom, aber nicht Deutschlands Grenze.“ Leider schrieb bislang keiner die Flugschrift: „Der Glan – Fluss der Pfalz, aber nicht Grenze der Pfalz.“
Und so verschwanden 1815, nach Napoleons endgültiger Niederlage, zwar die Franzosen aus den linksrheinischen Gebieten, aber die unselige Glan-Grenze wurde durch den Wiener Kongress nicht rückgängig gemacht. Damit wurde das ganze pfälzische Hinterland Meisenheims zum „Ausland“. Wer über den Glan wollte, sei es zu Besuch oder für Geschäfte, musste durch Grenzkontrollen mit den üblichen Formalitäten. Zölle wurden fällig. – Die Flächen der ehemaligen Départements wurden willkürlich verteilt. So kam 1815 der Kanton Meisenheim als neues Oberamt zur Landgrafschaft Hessen-Homburg, ca. 110 km oder 3 Tagesreisen von Meisenheim entfernt.
Nach 1866, nach dem preußisch-österreichischen Krieg, fiel das Oberamt Meisenheim an Preußen. Der Glan war nun die Grenze zwischen Preußen und Bayern. Es wurde der Kreis Meisenheim mit 25 Ortschaften geschaffen: Meisenheim, Breitenheim, Jeckenbach, Desloch, Raumbach, Abtweiler, Staudernheim, Lauschied, Bärweiler, Hundsbach, Limbach, Kirschroth, Meddersheim, Merxheim, Hochstädten, Meckenbach, Krebsweiler, Heimberg, Bärenbach, Becherbach, Otzweiler, Hoppstädten, Schweinschied, Löllbach, Medard. Kreisverwaltung und Landrat wurden im Schloss, heute Herzog-Wolfgang-Haus, untergebracht. Es erfolgte ein gewisser wirtschaftlicher Aufschwung, auch durch die Glantalbahn 1896. Dieser endet jäh durch den Ersten Weltkrieg 1914-1918. Danach herrschten vielerorts Not und Armut, auch durch die Inflation. Darüber hinaus litten die linksrheinischen Gebiete jahrelang unter französischer Besatzung.
Das zweite einschneidende negative Ereignis für Meisenheim – das erste war seine endgültige Trennung von der Pfalz 1815 – war die Auflösung des Kreises Meisenheim 1932. Sein Vermögen ging an den Kreis Kreuznach über. Meisenheim verlor Kreisverwaltung, Kreisbauamt, Kreisfinanzamt, Kreisgesundheitsamt, Katasteramt. Das Amt Meisenheim umfasste nun 12 Ortschaften links des Glans: Meisenheim, Breitenheim, Jeckenbach, Desloch, Raumbach, Abtweiler, Lauschied, Hundsbach, Hoppstädten, Schweinschied, Löllbach, Medard.
Auch der Zweite Weltkrieg 1939-1945 forderte in Meisenheim wie anderswo große menschliche Opfer. Gering war jedoch der materielle Schaden durch Bomben, die alle außerhalb der Altstadt einschlugen. Im 1946 gegründeten Bundesland Rheinland-Pfalz gab es keine preußischen oder bayrischen Gebiete mehr. Meisenheim gehörte zum Kreis Bad Kreuznach und damit zum Regierungsbezirk Koblenz, die Orte rechts des Glans zu den Kreisen Rockenhausen sowie Kusel und damit zum Regierungsbezirk Pfalz.
Das änderte sich etwas mit der Verwaltungsreform von 1970. Das Gebiet der neu geschaffenen Verbandsgemeinde Meisenheim umfasst seitdem 17 Ortschaften, neun links des Glans: Meisenheim, Breitenheim, Jeckenbach, Desloch, Raumbach, Abtweiler, Hundsbach, Schweinschied, Löllbach und zusätzlich acht Ortschaften rechts des Glans: Rehborn, Lettweiler, Callbach (aus dem Kreis Rockenhausen) und Schmittweiler, Reiffelbach, Gangloff, Becherbach, Roth (aus dem Kreis Kusel). Die Orte Hoppstädten und Medard wechselten zur VG Lauterecken (in den Kreis Kusel) und Lauschied zur VG Sobernheim. Da Gangloff, Becherbach und Roth zusammen die Gemeinde Becherbach bilden, umfasst die VG Meisenheim 15 Gemeinden. Doch die nächste Verwaltungsreform steht vor der Tür!
2. Teil – Kritischer Vergleich zwischen damals und heute
Diese Reform ist mein übernächstes Thema. Doch vorher – im zweiten Teil – einige Gedanken zur „guten, alten Zeit“. Diese war nicht gut, es herrschte häufig bittere Not, vor allem wenn wieder einmal Krieg war. So wurden 1915 Kartoffeln und Brot knapp und im Kreis Kreuznach war das Kuchenbacken dem Bäcker und sogar der Hausfrau offiziell für Wochen verboten. Kriege gab es im Gebiet um Meisenheim vergleichsweise häufig, denn dieses Gebiet lag ja links des Rheins und war jahrhundertelang Streitobjekt zwischen Deutschland und Frankreich. 70 Jahre lang Friede, von 1945 bis heute, das gab es nie zuvor in Deutschland.
Gar nicht gut war die alte Zeit für Frauen: Sie bekamen sehr viele Kinder, von denen viele starben. So heiratete Charlotte Friederike, die Retterin Meisenheims, im Jahr 1672, bekam hintereinander drei Kinder, von denen keines 1675 überlebte, ihr Mann auch nicht. An dieser Stelle eine persönliche Einschätzung: Hätte es in den deutschen Herrschaftsgebieten, wie z.B. in England, auch die weibliche Thronfolge gegeben, wäre diesen Gebieten, auch der Pfalz und Meisenheim, mancher Krieg erspart geblieben!
Gut war die alte Zeit für die Herrschenden. Finanziell ging es den Fürsten in der Regel gut, den meisten Untertanen aber nicht. Heute hingegen geht es den meisten Bürgern relativ gut, der Stadt Meisenheim aber leider nicht, da ihr nach Abzug der „Zwangsumlagen“ nur ca. 10 Prozent ihrer Einnahmen verbleiben. Bei uns würde Helene Fischer nicht nur ihren Hit „Atemlos durch die Nacht“ singen, sondern als Zugabe: „Mittellos durch das Jahr!“
Und noch etwas zur „guten, alten Zeit“: Die Untertanen mussten gehorchen, der Landesherr herrschte absolut. So verkündete der brandenburgische Kurfürst Friedrich Wilhelm (1620-1688) sogar: „Es ist dem Untertanen untersagt, den Maßstab seiner beschränkten Einsicht an die Handlungen der Obrigkeit anzulegen.“ Aber die Meisenheimer ließen sich den Mund nicht verbieten und beteiligten sich am Hambacher Fest und an der 1848er Revolution.
Ein anderes Beispiel für die Bevormundung von Untertanen: Preußen belohnte 1816 den Landgrafen von Hessen-Homburg für seinen Einsatz gegen Napoleon mit „10.000 Seelen“ aus dem aufgelösten Département Saar. Da der Kanton Meisenheim nur 9438 Einwohner hatte, wurden einige Orte aus dem Kanton Grumbach einfach hinzugefügt. Dazu wurde keine „Seele“ gefragt. Der Landgraf selbst kannte seinen (etwa 110 km entfernten) neuen Besitz gar nicht und soll gesagt haben: „Ist das ein Distrikt in China?“
Schon vor der französischen Revolution von 1789 hatte der große Philosoph Immanuel Kant den Wahlspruch der Aufklärung formuliert: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.“ Doch politisch wirksam wurde diese Idee erst sehr viel später, nämlich nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg, als Deutschland 1919 eine Demokratie wurde; damals erhielten übrigens die Frauen das Wahlrecht.
Im Dritten Reich war von Demokratie und Meinungsfreiheit nicht mehr die Rede. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde den Deutschen zum zweiten Mal die Demokratie „verordnet“. Im Grundgesetz von 1949 steht der damals höchst umstrittene Satz: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“
Noch heutzutage gibt es in vielen Ländern keine Demokratie, keinen Frieden, keine Religionsfreiheit, keine Meinungsfreiheit, keine Gleichberechtigung. Für die Jüngeren unter uns sind diese Rechte, Sicherheiten und Freiheiten selbstverständlich. Bei uns sind – wer hätte das vor 700 Jahren oder noch vor 100 Jahren gedacht – Bürgerbefragungen und sogar Bürgerentscheide möglich.
3. Teil – Zukunft der Region Meisenheim
Und damit komme ich zum dritten und letzten Teil, der Verwaltungsreform. Wieder einmal – wie bei der Auflösung des Kreises Meisenheim – geht es um erhoffte Einsparungen durch größere Verwaltungseinheiten, konkret um eine eventuelle Fusion der benachbarten kleinen Verbandsgemeinden (VG) Meisenheim (7.800 Einwohner) und Alsenz-Obermoschel (6.800 Einwohner). Aber diesmal wollen die Bürger mitreden und mitentscheiden. Sie sind keine Untertanen mit beschränkter Einsicht, sie sind mündige Bürger mit eigenem Verstand.
Bei einer Bürgerbefragung in der VG Meisenheim im Jahr 2012 sprachen sich 91% der Bürger für eine Fusion mit den Nachbarn aus. Bei einem Bürgerentscheid in der VG Alsenz-Obermoschel im gleichen Jahr stimmten 68% der Bürger für einen Wechsel ihrer VG in den Kreis Bad Kreuznach. Vorausgegangen war eine vielfältige Information, was für die Urteilsfähigkeit und Meinungsbildung der Bürger unerlässlich ist. Es ist ein Glücksfall, wie gut sich die beiden Verbandsgemeinden hinsichtlich Schulen, Krankenhaus, Eisenbahn usw. ergänzen und wie gut sich die beiden Bürgermeister vertragen.
Trotz alledem wenden sich etliche Mitglieder des VG-Rates Alsenz-Obermoschel gegen einen Wechsel ihrer VG in den Kreis Bad Kreuznach. Das ist akzeptabel, wenn sie dafür genügend sachliche Gründe haben. Wenn nicht, dann müssen sie sich öffentlich fragen lassen, ob sie die Interessen der Bürger vertreten, von denen sie gewählt wurden. Die entscheidende Frage lautet nicht: „Was hilft mir und meiner Partei?“. Sie lautet: „Was hilft den Menschen hier langfristig am besten“? Und alle Beteiligten sollten stets daran denken: Die Nachwelt wird über kurzsichtige und weitblickende Lokalpolitiker ihr Urteil fällen! Von der Landespolitik erwarte ich eine sachbezogene, zukunftsweisende, bürgerfreundliche Entscheidung.
Jetzt ist die einmalige Chance, eine willkürliche Grenze zu beseitigen, die eine ganze Region in ihrer Entwicklung nachhaltig gestört hat und noch stört. Daher mein Appell an alle Verantwortlichen, besonders an Sie, Herr Staatssekretär: Führen wir zusammen, was zusammen gehört!
Vor diesem Hintergrund möchte ich von einer Diskussionsrunde berichten, in der einige Meisenheimer über einen Namen für die neue, aus Meisenheim und Alsenz-Obermoschel zu bildende Verbandsgemeinde nachgedacht haben. Sie waren mehrheitlich gegen VG MAO (Meisenheim-Alsenz-Obermoschel), weil zu linksextrem; gegen VG AMO (auf Italienisch „ich liebe“), weil zu gefühlsbetont; gegen VG OMA, weil zu ältlich. Sie waren auch gegen „VG Nordpfalz“, weil das die geographische Bezeichnung für einen größeren, an die Kreise Alzey-Worms und Bad Kreuznach grenzenden Teil der Pfalz sei; außerdem solle der Name Meisenheim aus historischen und touristischen Gründen vorkommen. Sie waren sogar gegen „VG Meisenheim“ allein, weil dann der Bezug zur Pfalz fehle. Da fiel mir ein Vorschlag ein, der eine Mehrheit fand, vermutlich weil er Zukunft mit Herkunft verbindet: „Verbandsgemeinde Pfalz-Meisenheim“ so wie jahrhundertelang „Grafschaft Pfalz-Veldenz“ und „Herzogtum Pfalz-Zweibrücken“!
Über die Namensgebung entscheiden selbstverständlich die politischen Gremien. Doch können Sie, sehr geehrte mündige Bürger, nach unserer Feierstunde als erste über den Vorschlag „Verbandsgemeinde Pfalz-Meisenheim“ diskutieren. Am besten im Gemeindehaus bei Kaffee und Kuchen. Dazu lädt die Stadt Meisenheim Sie nochmals herzlich ein.
Als Abschluss meiner Rede hören Sie, wiederum als erste, das jüngste Gedicht des Meisenheim-Liebhabers Rüdiger Freiherr von Neubeck aus Würzburg, der hier zu Gast ist. Er hat dieses Gedicht eigens für den heutigen Tag verfasst, den 700. Geburtstag der Stadt Meisenheim.
700 Jahre Stadt Meisenheim
Siebenhundertjahrefeier
Heute hier in Meisenheim
Möglich macht Ludwig der Bayer
Lasst uns dafür dankbar sein
Stadtrecht dürfen wir genießen
Seit der Grafen Veldenz Zeit
Lasset Frühlingsblumen sprießen
Und zum Feiern seid bereit
Wolln der Welt die Stadt heut zeigen
Voller Stolz und voller Freud
Ja ein Himmel voller Geigen
Steht für Meisenheim bereit